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Schuldigen gefunden

Pfarrer Michael Markus
Pfarrer Michael Markus

Oft ertappe ich mich schnell einen Schuldigen zu suchen: Wer hat die Sauerei gemacht und nicht aufgeräumt? Wer hat sich meinen Stift ausgeliehen und nicht zurückgelegt? Wer ist schuld an den Kirchenaustritten? Wer ist schuld an der Epidemie?

Die Suche nach einem Schuldigen verläuft reflexhaft und automatisch bei jedem Unglück, bei jeder Katastrophe wie in dieser Woche im Hafen von Beirut.
Das war schon in der Antike so: Als Jesus und seine Jünger einen blind geborenen Bettler am Straßenrand hocken sehen, fragen sie ihn: „Hat er oder haben seine Eltern gesündigt, sodass er blind geboren wurde?“ Jesu Antwort ist eine Revolution im Denken und Handeln der Antike, die bis heute wirkt: „Weder er noch seinen Eltern haben gesündigt!“ Jesus durchbricht das im jüdischen-antiken Weltbild zementierte Gesetz, jeder ist selber schuld wenn ihm etwas zustößt, und vor allem sind die Krankheiten die Folge von Sünde.
In der Fortsetzung von Jesu Antwort kommt noch das Wichtigste: „… sondern es sollen die guten Werke Gottes offenbar werden an dem Blinden“.
Davon kann ich mir eine Scheibe abschneiden: Statt immer gleich den Schuldigen in mir und in anderen zu suchen besser gleich fragen „wozu ist das jetzt gut, was kann ich daraus machen, wie ist Gott da eventuell am Werk?“

In diesen Tagen bin ich knapp an einer ernsthaften Diagnose vorbeigekommen. Als ich leicht in Panik war haderte ich sofort mit Gott. Im nächsten Schritt überlegte ich mir „Wenn es stimmt – wie werde ich damit umgehen, und was werde ich sofort in meinem Leben ändern?“ Es begann in mir zu arbeiten und ich spürte „da ist jetzt Gott mit am Wirken. Egal wie es nun weitergeht Jesus geht mit.“
In dieser anstrengenden Zeit voller Unsicherheiten fragen viele Menschen nach den Schuldigen. Jesus rät: Das ist egal, wichtig ist wie ihr damit umgeht, was verändert sich in eurem Glauben, könnt ihr in all dem Beunruhigenden auch die Möglichkeiten Gottes im Blick behalten?

Gestern beendeten wir die ökumenische Exerzitiengruppe, die wir kurz vor Ostern abbrechen mussten, mit einem Austausch über die Frage: „Wo finde ich in dieser anstrengenden Zeit Kraftquellen?“ Die Antworten fielen höchst unterschiedlich aus. Sie lauteten von „Ich lebe davon zu wissen, dass es irgendwann vorüber ist“ bis „Ich habe die Basis meines Lebens wieder gespürt, meinen Glauben.“
Meine Kollegin Heidi Lappy ermutigte uns am Schluss mit Pippi Langstrumpfs paradoxem Satz: „Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich mir völlig sicher, dass ich es schaffe!“ So ein Urvertrauen, so eine Gewissheit ist uns Erwachsenen größtenteils abhandengekommen. In der gegenwärtigen Krise kann es uns bestärken: So etwas haben wir als Gesellschaft und als Kirche zwar noch nie gehabt, aber wir werden es schaffen diese Krise zu meistern“!

Ich wünsche Ihnen und mir eine ganz große Portion von solch einem Optimismus und ich bin dankbar zu wissen, dass dazu viele tagtäglich aus den Quellen ihres Glaubens schöpfen und für sich und andere und für unsere Gesellschaft und für unsere Gemeinden beten!

Ihr
Pfarrer Michael Markus

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