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Was für ein Sommer!

Dagmar Häfner-Becker
Dagmar Häfner-Becker

Der Sommer ist viel heller als andere Jahreszeiten. Die Sonne steht höher. Die Tage sind länger. Es ist angenehm, ohne Jacke nach draußen zu gehen, sich auf die Wiese zu legen und den Blick in den blauen Himmel schweifen zu lassen.
Vögel ziehen ihre Kreise, Bienen summen zwischen den Blumen. Über dem See schweben die fröhlichen Rufe der tobenden Kinder. Familien haben Urlaub. Die Natur ist bunt und die Früchte im Begriff, reif zu werden.

Löwenzahnblüte
Noch bevor im Herbst die Ernte beginnt und für die Schülerinnen und Schüler die Schule startet, bietet der Sommer eine Zeit der Entspannung. Körper und Seele können sich erholen. Menschen genießen Spaziergänge und das Baden. Kinder essen ein Eis. Im Urlaub und in den Ferien muss nicht gelernt und gearbeitet werden. Die Sorgen muten weniger schwer an oder verfliegen. Die Seele beginnt leicht zu sein. Beim Einatmen scheint die Lunge freier und der Rücken gerader als sonst.

Das ist in diesem Jahr so wie in jedem Sommer. Und doch ist etwas anders.
Wenn ich morgens das Radio anschalte, höre ich, dass die Corona-Fallzahlen wieder steigen. Es wird diskutiert, ob eine Obergrenze für Gäste bei Familienfeiern eingeführt werden soll, weil die Übertragungsgefahr dort besonders hoch sei. Möglicherweise werden weitere Länder zu Risikogebieten erklärt. Wer aus einem Risikogebiet einreist, muss einen Corona-Test machen. Viele lassen sich freiwillig testen.
Selbst wenn es gelingt, von eigenen Sorgen Abstand zu nehmen, so schwingen die Bedenken, die die aktuelle Situation mit sich bringt, immer mit. Wir lesen davon in der Zeitung, sehen es im Fernsehen, hören es im Radio. Zugleich wird der Schul- und damit auch der Familienalltag nach den Ferien weiterhin ein anderer sein. Abläufe unterliegen ständigen Änderungen, müssen neu gefunden werden.

Auch wenn die Sonne in diesem Sommer genau so hell scheint wie jedes Jahr, so hat dieser Sommer doch ein Stück weit seine Leichtigkeit verloren.
Oft werden Leichtigkeit und Freiheit in einem Atemzug genannt. Es entsteht der Eindruck, dass sich beides bedingt.
Mir hilft, beides zu unterscheiden. Margot Käßmann schreibt: „Wie finden wir in unserem eigenen Leben Freiheit? Ich denke, es geht nicht um den Terminplan oder die Familiensituation. Am Ende geht es darum zu wissen: Wer bin ich und was will ich mit meinem Leben? Wer mit sich selbst im Reinen ist, wer innerlich im Gleichgewicht und zufrieden ist, muss nicht ausbrechen.“ (Sehnsucht nach Leben, Margot Käßmann, Asslar 2011, 9. Auflage)

Gerade unter Rahmenbedingungen wie momentan durch die Corona-Pandemie fällt es noch schwerer als sonst, der Frage nachzugehen, wer man selbst eigentlich ist. Aber es lohnt sich. Sich selbst zu finden ist kein Zustand, sondern ein Weg. Wer sich auf ihn begibt, steht mitten im Leben, hat Augen für die Wirklichkeit und was notwendig ist.
Paulus fordert auf: „Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ (Brief an die Epheser, Kapitel 5, Verse 8 und 9)

Wir leben mitten in dieser Pandemie. Vielleicht ist die Leichtigkeit ein Stück weit abhanden gekommen. Die Freiheit bleibt auch mit Mund-Nase-Schutz, mit Einhaltung der Abstände und mit Veränderungen im Leben. Vielleicht nutzen wir das Licht des Sommers, die langen Tage, die helle, warme Jahreszeit, ein paar freie Tage, um uns unter Gottes blauem Himmel zu suchen und zu finden.

Ihre
Dekanin Dagmar Häfner-Becker

Gerne auch als Audioversion…

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