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Gott heilt, die zerbrochenen Herzens sind

zerbrochene Schale, die an den Bruchstellen vergoldet wird
Kintsugi© Rosemarie Rother

Liebe Leser und Leserinnen!

Jeder von uns kennt wohl dieses durchdringende und klirrende Geräusch, wenn man etwas zerbricht und nur noch ein Haufen von Scherben zurückbleibt.
Es passiert so leicht. Beim Tischdecken, beim Abwaschen, beim Aufräumen. Meist geht ja nicht das billige Alltagsgeschirr kaputt, sondern das, woran wir besonders hängen, was wir mögen. Was also tun? Wegwerfen oder doch lieber kleben?
Aber so gut man es auch zu kleben vermag, man sieht die Bruchstellen und Kanten. So wie in unserem Leben auch. Wenn wir uns streiten, wenn wir etwas Schlimmes erleben, wenn eine Krankheit uns aus der Bahn wirft und herausfordert, wenn wir einen lieben Menschen verlieren durch den Tod. Da bleiben Narben und Brüche zurück.

Diese Bruchstücke gehören zu meinem Leben dazu. Ich kann sie zwar versuchen, zu verstecken und zu verleugnen, aber das nutzt meistens nichts. Denn sie sind ein Teil von mir und beeinflussen mich in meinem Denken und Handeln, ob ich will oder nicht. Also kann ich auch genauso gut dazu stehen und sie sichtbar machen. Das machen wir ja eher nicht so gern, weil wir uns lieber stark und unverletzlich zeigen. Aber warum nicht zu meinen Scherben im Leben stehen? Es tut zwar weh und ist nicht immer leicht, aber ich glaube, es liegt ein großer Schatz darin, wenn wir uns darauf einlassen.

Die Japaner haben für diese Fälle eine besondere Technik entwickelt. Kintsugi nennen Sie es. Sie schmeißen eine zu Bruch gegangene Schale nicht weg, sondern fügen sie mit einer besonderen Methode wieder zusammen. Das Besondere ist, dass man sich nicht bemüht, die Scherben so aneinander zu fügen, dass man möglichst wenig von den Bruchstellen sieht. Im Gegenteil. Die Methode des Kintsugi lässt die Bruchstellen erst recht hervortreten. Dem Klebstoff wird Gold beigemischt, so dass die Bruchstellen veredelt werden.

Manchmal vermag ich nicht, die Bruchstücke meines Lebens aus eigener Kraft wieder zusammenzufügen. Aber Gott bietet mir seine Hilfe an. Er hilft mir, sie behutsam wieder zusammenzufügen. „Gott heilt, die zerbrochenen Herzens sind und verbindet ihre Wunden“ heißt es im Psalm 147.
Da, wo ich die Bruchstücke meines Herzens wieder aneinanderfüge, bzw von Gott aneinanderfügen lasse, bleiben aber die Nahtstellen sichtbar, wie eine Narbe nach einer Verletzung.

Sie erinnern mich immer daran, was passiert ist. Aber sie erinnern mich nicht nur an das Schwere und Tragische, an die Schmerzen und die Traurigkeit, sondern sie machen mich auch dankbar für das, was gewesen ist und was Neues daraus entstanden ist – z. B. für die schönen Stunden, die man mit einem Menschen verbracht hat vor dem Streit, für die inneren Kräfte, mit denen man aus einer schlimmen Erfahrung hervorgeht, für die Dinge, die man wieder machen kann nach oder mit einer Krankheit, wenn auch anders oder mit Hilfsmitteln, für das, was der Verstorbene einem im Leben mitgegeben und geschenkt hat – um mal bei den Beispielen vor vorhin zu bleiben.
Dieses Positive, diese schönen Erinnerungen – sie sind wie ein kostbarer Schatz und darum darf ich Sie auch hervorheben und mit Gold verzieren.
Das alles – das behutsame Zusammenfügen und das Sehen auch des Positiven braucht sicher seine Zeit.

Vielleicht kann uns diese Methode helfen bei dem Gedanken, dass Gott aus unseren Bruchstellen im Leben etwas Neues und Schönes gestalten kann. Das Alte, das Verletzte wird dabei nicht verleugnet, die Bruchstellen werden bewusst sichtbar gemacht, um einerseits zu zeigen. Ja, sie gehören zu meinem Leben dazu und das ist nichts Schlimmes, nichts, was ich verstecken müsste. Und andererseits zu zeigen: Hier hat eine Veränderung stattgefunden, hier ist Neues entstanden, die Bruchstellen sind wunderbar eingefügt worden.

Darauf möchte ich gerne vertrauen.
Ihre Pfarrerin Rosemarie Rother

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