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Andacht zum Sonntag Rogate
Gebrauchsanweisung zum Beten
In unseren drei Kirchen sind an diesem Sonntag erstmals nach der Zwangspause wieder Gottesdienste. Christen dürfen sich wieder offiziell zum gemeinsamen Gebet treffen und damit Kraft schöpfen für diese aufregenden Tage!
Der Sonntag trägt den Namen Rogate (heißt auf lateinisch = Betet). Wie passend sind da Jesu Worte, gleichsam als „Gebrauchsanweisung“ gesprochen: „Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern… Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“ (Matthäus, Kapitel 6, Verse 1-10 aus der Lutherbibel 2017 in Auswahl)
Ein klare Ansage nenne ich das: Mach dein Gebet nicht zur Vorführung oder gar zur Demo deines Glaubens! Und Jesus setzt noch eins drauf: Gott braucht dein Gebet nicht, er weiß schon vorher, was du bitten wirst! Aber warum soll ich dann überhaupt noch beten? Ganz einfach: Weil es gut tut!
Viel mehr Menschen, auch viele Jüngere, beten häufiger als man annehmen könnte, in diesen Tagen der Panepidemie allzumal! Warum? Erstens sind da die Sorgen um die Gesundheit, um die Kinder, um das Einkommen, um die Beziehungen und um die vielen Absagen bzw. Verschiebungen größer (Not lehrt beten…) und zweitens haben einige auch mehr Zeit, die sie auch zum Beten nutzen besonders dann, wenn sie in Quarantäne müssen.
Ich verstehe Jesu Worte auch als Aufforderung, sich nicht über richtiges und falsches Beten den Kopf zu zerbrechen: Das kurze Stoßgebet kommt genauso bei Gott an wie die kunstvoll poetisch formulierten Worte aus einem Gebetsbuch, Hauptsache es kommt von Herzen! Denn Gott sieht in unser verborgenes Innere. Nicht umsonst ist das ein beliebter Konfirmationsspruch: Der Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an.
Deshalb sagt Jesus: „Bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“ In heutigem Deutsch… „wird dich dafür belohnen“. An welche Belohnung könnte da gedacht sein? Viele Menschen berichten mir, dass ihnen Beten im Sinne von Meditieren gut tut: Es schenke ihnen innere Ruhe, Sammlung, Vertrauen und das Gefühl von Geborgenheit.
In meiner täglichen Praxis erlebe ich solche Gefühle selber regelmäßig, wenn ich mir dafür eine Zeit und einen Platz bereitstelle und sage: „Das hier, Gott, ist Zeit von dir für dich und mich, mach DU was draus!“ Und nicht selten passiert es dann, dass aus innerem getrieben Sein, aus Unruhe, aus Traurigkeit oder Stress ein Gefühl der Entschleunigung und der Gelassenheit, des Vertrauens und der Geborgenheit wächst. Manchmal entstehen dann gute Ideen, wie es weitergehen könnte. So etwas kann im Wald, am Fluss oder auf einer Alm oder in einer Kapelle oder irgendwo passieren!
Sollen wir uns also gar nicht mehr gemeinsam zum Beten in einem Gotteshaus versammeln?
Wie immer, ist es wichtig Jesu Worte im Gesamtzusammenhang seiner Verheißungen zu sehen: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen!“ In allen Religionen ist die Versammlung der Gläubigen das Zentrum und die Quelle des Glaubens, weil die gemeinsam erlebte Energie kombiniert mit dem Gemeinschaftsgefühl die Kraft und das Vertrauen für den Alltag schenken.
Am Sonntag Rogate sind evangelische Christen in Bayern ganz besonders verbunden mit den Glaubensfreund*innen in den Partnerkirchen in Übersee. Aus Lupembe in Tansania erreichte uns dieser Tage deshalb folgendes Gebet: „Gott, stärke alle Bemühungen das Corona Virus zu besiegen. … Wir bitten für die Jugendlichen bei euch und bei uns in Lupembe, dass sie in den Glauben und die Gemeinde hineinwachsen, AMEN.“
Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben die Kraft und die Gelassenheit des Betens – allein und in Gemeinschaft!
Ihr Pfarrer Michael Markus
Hier die Andacht als Audioversion…
Bernd Vierthaler | Stand