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Du und ich sind anders

Dagmar Häfner-Becker
Dagmar Häfner-Becker

Die katholische Theologin Andrea Schwarz schreibt:
„DIE BINSENWAHRHEIT „du bist anders als ich“ muss auch erst gelebt werden“
Aus: Ich mag Gänseblümchen, Andrea Schwarz, Freiburg 2016, Seite 56

Wir sind so schnell dabei zuzustimmen: „Jede und jeder ist anders. Das ist gut so.“ Wie oft wird Kindern und Jugendlichen versichert: „Gott liebt dich, wie du bist.“ Aber tun das auch die Menschen?

Gerade wenn wir an die Ereignisse der letzten Zeit denken, erleben wir doch oft das Gegenteil, nämlich Abgrenzung und Ausgrenzung. Abgrenzung ist zunächst einmal nichts Schlechtes. Wir folgen mit ihr dem Doppelgebot der Liebe, in dem es heißt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Evangelium nach Markus, Kapitel 12, Vers 31) . Wir können uns nicht für andere aufgeben, weil wir sonst erschöpft, ausgelaugt und entkräftet werden. Ausgrenzung wird durch das Doppelgebot der Liebe ausgeschlossen. Wer den anderen wie sich selbst liebt, kann ihn nicht ausschließen.
Das würde sonst bedeuten, dass wir uns selbst verleugnen und endet im Hass, wie wir es gerade im Hinblick auf die Diskussion um Polizeigewalt und Rassismus besonders in den USA erleben.

Die Kunst zwischen Zuwendung und Abgrenzung ist aber, in der richtigen Balance zu bleiben. Sie gerät dann aus den Fugen, wenn Menschen, ohne in ihren eigenen Rechten betroffen zu sein, anderen vorschreiben wollen, was sie zu tun haben oder wie sie zu sein haben. Eigentlich wäre es so einfach zu sagen: „Ich bin anderer Meinung als du. Aber ich lasse dich und deine Meinung stehen. Sie tut mir nichts. Auch deine Lebensweise nicht.“

Wie viele Eltern versuchen aus Liebe, ihre Kinder auf einen Weg und zu Entscheidungen zu bringen, die sie für die richtigen für ihr Kind halten, weil sie als Eltern ihre Kinder gut kennen. Bis zu einem gewissen Grad ist das sicher wichtig und richtig, weil Eltern Verantwortung für ihre Kinder haben und damit Rechte der Eltern betroffen sind. Vielleicht ist es gerade deshalb besonders schwer zu akzeptieren, wenn Kinder ungewöhnliche Entscheidungen treffen. Für Eltern ist ein Risiko mit der Frage verknüpft, wie viel man selbst als Mutter oder Vater emotional und praktisch aushält.

Eine andere Herausforderung liegt darin, wie ich mit Menschen umgehe, die andere ausgrenzen, mit Menschen, die andere Lebensweisen, andere Meinungen und andere Persönlichkeiten, die ihrem Bild nicht entsprechen, ablehnen und schlimmstenfalls deren Rechte nicht wahren.
Wenn ich auch sie liebe, wie mich selbst, kann ich sie nicht ausgrenzen. Aber ich werde ihnen meine anderslautende Meinung zumuten. Wenn sie ebenfalls dem Doppelgebot der Liebe folgen, werden sie meine Ansicht hören und mich ihrerseits nicht ausschließen. So ist trotz aller und mit allen Differenzen Gemeinschaft möglich.
Vielleicht ist es der einzige Weg zu versuchen, dass der Zusammenhalt einer Gesellschaft gewahrt wird.

Ihre Dekanin
Dagmar Häfner-Becker

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