Evang.-Luth. Kirche Rosenheim

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Beichten ist altmodisch? – Die evangelische Beichte

Beichten ist altmodisch
So denken viele, doch das Gegenteil ist der Fall.

Manchmal sehne ich mich danach, mich in einem geschützten Raum einem verschwiegenen Menschen gegenüber auszusprechen, um dann erleichtert und gestärkt weiter zu gehen. Ich weiß, dass es manchen Menschen genauso so geht, aber die Scham hält uns davon ab.

Die evangelische Beichte
Sie findet als Herzensbeichte nur mit Gott und mir alleine statt, und sie gilt trotzdem. Die Gemeinschaftsbeichte in einem Gottesdienst findet in der Apostelkirche meist am Karfreitag, vor einer Konfirmation oder in einem Silvestergottesdienst statt. Niemand muss etwas Persönliches sagen, alle sprechen gemeinsam ein Beichtgebet (siehe Evangelisches Gesangbuch Nr. 707, 886) und bekommen gemeinsam die Lossprechung, die Absolution (EG Nr. 708). Martin Luther war die Einzelbeichte bis zu seinem Lebensende persönlich sehr wichtig. Für ihn war die Beichte ein Sakrament.

Beichten in der Bibel
Jesus hörte gut zu: der Frau am Brunnen, einem Ratsherrn im nächtlichen Gespräch, seinen Jüngern auf den Wanderungen. Er spürte, was sie bedrückte und befreite die Menschen durch eine Heilung und durch ein erlösendes Wort. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn spiegelt dieses heilsame Geschehen: am Anfang wird das Scheitern eines Menschen erzählt, es folgt die Reue und die Bitte um Vergebung. Der Vater nimmt sein Kind zärtlich wieder auf und vergibt ihm und das Fest beginnt.

Bei wem kann ich beichten?
Nach evangelischem Verständnis kann ich aufgrund der eben genannten Stellen bei jedem Gläubigen beichten, dem ich vertraue. Er unterliegt streng der Schweigepflicht. Allerdings ist vor Gericht das Beichtgeheimnis nur bei Geistlichen gesetzlich geschützt, sie sind auch bei schweren Verbrechen zum Schweigen verpflichtet.

Vergeben und dann?
„Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ beten wir im Vaterunser. Im Sinne evangelischer Freiheit ist das kein gesetzlicher Zwang, sondern eine Befreiung: wenn ich mich befreit fühle, ist es gut, auch anderen zu verzeihen – auch sich selbst, was manchmal besonders schwer ist, aber ich soll mit mir selbst nicht strenger sein als Gott es ist. Manchmal lässt das Gefühl der Befreiung auf sich warten. Gottes Vergebung gilt unabhängig von dem, was ich fühle oder spüre. Ich kann ein und dieselbe Sache auch mehrfach beichten und allmählich Gewissheit spüren, dass die Vergebung in Christus von Gott selbst geschenkt ist.

Innere Heilung
Sehr viele Menschen gehen heute mit Schuldgefühlen und Verletzungen zu Therapeuten. In der Beichte geht es mehr um eine geistliche innere Heilung. Innere Heilung wird in der Bibel so beschrieben: Wer Vergebung erlebt, soll sie auch denen gegenüber aussprechen, die an ihm selbst schuldig geworden sind. Oft ist dazu ein langer therapeutischer und geistlicher Weg nötig.
Dazu brauche ich viel Vertrauen auf Gottes Zusage „Gott ist denen nahe, die ein zerbrochenes Gemüt haben“ (Psalm 34, Vers 19) und auf Jesu Wort „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken“ (Matthäus Kapitel 11, Vers 28). Wenn dieser Weg gelingt, kann ich meine Lebensumstände annehmen und allmählich positiv verändern.

Was kann ich zurückweisen?
Wichtig ist, dass ich maßlose Beschuldigungen und Verdammungen durch andere zurückweise und mich davon abgrenze. Jeder weiß, wie weh es tut, zum Sündenbock für alles und jedes gemacht zu werden. Gott verlangt nicht, dass wir uns alles gefallen lassen.
Ich kann solche Beschuldigungen zurückweisen im Vertrauen auf Gottes Versprechen „Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes, welche ist in Christus Jesus, unserem Herrn.“ (Römer Kapitel 8, Vers 39)

Pfarrer Michael Markus

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