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Beichte und Buße – ein fröhliches Geschäft!?

„Stimmt doch, Frau Wirth, bei uns Evangelischen gibt es keine Beichte?“, so fragten mich vor längerer Zeit einmal meine Schüler. Doch die Antwort war nicht einfach; ich konnte weder einfach „ja“ noch schlicht „nein“ sagen.

Von Martin Luther stammt der bemerkenswerte Satz: „Ich were lengst vom teufel erwürgt, wenn mich nit die beichte erhalten hett.“ Und im Augsburger Bekenntnis von 1530, Artikel 11, heißt es: „Von der Beichte wird so gelehrt, dass man in der Kirche die private Absolution oder Lossprechung beibehalten und nicht wegfallen lassen soll, obwohl es in der Beichte nicht nötig ist, alle Missetaten und Sünden aufzuzählen, weil das doch nicht möglich ist: „Wer kennt seine Missetat?“ (Psalm 19,13)“

Es gibt die Beichte also bei den Evangelischen, aber sie ist kein Sakrament.
Beichten: Vor Gott (oftmals mit dem Umweg über ein menschliches Ohr) aussprechen, was die Seele belastet, wo wir falsch gehandelt haben und um Vergebung bitten, also Reue üben, das kennen Evangelische wohl. Durch die Beichte besteht eine Möglichkeit, sich selbst aus einem gedanklichen Knoten zu befreien oder Fehler zu erkennen und einzusehen.
Wer beichtet, der muss vorher sein Leben reflektiert haben und zu dem stehen, was er oder sie getan oder versäumt hat. In der Beichte können wir aussprechen, was uns unser Gewissen – vielleicht auch schon längere Zeit – vorhält. Wir dürfen Gott um Vergebung und Frieden bitten und wir dürfen die Vergebung annehmen.

Diese Reflexion nennen wir auch Buße.
Martin Luther spricht von ihr als von einem „fröhlichen Geschäft“. Ja wirklich! Buße und Beichte sollen den Menschen froh machen. Denn sie befreien: von unterdrücktem Kummer, von Versäumnissen, die nicht gut zu machen sind, oder von bohrenden Fragen – Beichte und Buße sollen den Menschen frei machen – und fröhlich. Buße tun heißt deshalb für mich: umkehren in die offenen Arme Gottes. Ich denke dabei an das Gleichnis vom verloren Sohn (Lukas 15, 11) der heimkommt und von seinem Vater mit offenen Armen empfangen wird.

So einander zu vergeben, das hat Jesus seinen Jüngern (und damit seiner ganzen Kirche) aufgetragen und ihnen die Vollmacht dazu gegeben. Bei Johannes (Kap. 20, 23) sagt Jesus: „Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ Solche Vergebung wird uns in der Beichte zugesprochen. Die evangelische Kirche sieht dafür auch die persönliche und freiwillige Einzelbeichte vor. Daneben gibt es die gemeinsame Beichte, die in einigen Gottesdiensten im Jahr gesprochen wird.

Zum Beispiel am Buß- und Bettag.
Er ist der einzige, der von einst vielen Bußtagen unterm Jahr erhalten ist – und auch er ist ja mittlerweile nur noch ein kirchlicher Feiertag. Bußtage sind ihrem Ursprung nach aber eigentlich öffentliche Tage. An einem Bußtag steht nicht der einzelne Mensch im Mittelpunkt, sondern die Gemeinschaft, die Gesellschaft. Am Bußtag ist Gelegenheit, darüber nachzudenken, was wir als Gesellschaft, als Stadt- oder Dorfgemeinschaft anderen Menschen im Namen Gottes schuldig bleiben. Der Bußtag gibt Gelegenheit, dies zu erkennen und dank der Vergebung neu anzufangen.
So wird Veränderung möglich.

Ihre Hanna Wirth, Dekanin

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