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Orgel-Meditationen

Freitag, 27. September 2019
19 Uhr

Erlöserkirche
Königstraße 23
83022 Rosenheim

Ansprechperson:
Dekanatskantor Johannes Eppelein
Orgel in der Erlöserkirche

Orgelkonzert mit Dr. Hermann Probst (Rimsting) am Freitag, den 27. September um 19 Uhr. Zur Aufführung gelangen Werke von D. Buxtehude, Joh. Seb. Bach, F. Mendelssohn-Bartholdy und M. Reger. Der Eintritt ist frei, Spenden sind für die Kirchenmusik erbeten.

Die Orgel ist die Königin der Instrumente – ein einfaches Bild? In der Tat vereint eine gute Orgel alle Stimmen und Stimmlagen in sich: von der duftigen Flöte bis zur mutigen Trompete, von der zarten Vox Coelestis bis zur auftrumpfenden Mixtur. Aber das Wort von der Königin ist mehr, eine Metapher zumindest. Orgelmusik hat etwas Klares, Klärendes, Überzeugendes an sich, vermittelt Bestimmtheit und dabei Ruhe. Eben eine königliche Würde, die im Kleinen beginnt, in den stilleren Stimmen, und sehr forte gipfeln kann. Dabei ist Orgelmusik weniger an den psychischen Entwicklungen von Spielenden und Hörenden interessiert wie etwa die Musik der Klassik und Romantik, die innere Dynamiken lebhaft nachzeichnen kann. Die Orgel will denkerische Arbeit leisten, jedoch in einem Kreisen um die Mitte, in einem ruhigen, doch auch engagierten Schreiten. Meditation – der Weg um die Mitte und in die Mitte ist das Wort für eine solche Bewegung.

Orgel-Meditationen also, ein Konzert zum Denken und Meditieren. Das Konzert beginnt mit Dietrich Buxtehude (1637-1707), Präludium und Fuge D-Dur, BuxWV 139. Ein Werk des Vor-Barock, erfunden zunächst aus der Akkordbrechung. Weiterführend in eine Fuge, die sich nicht aus dem Akkord, sondern im Gegensatz dazu aus der Sekundfortschreitung entwickelt. Ein sehr spannender Gegensatz formt sich daraus!

Die Überleitung zum späten Bach ist durch einen der „Schübler´schen Choräle“ aufgezeigt: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ BWV 647 von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Hier hat Bach in der von ihm selbst besorgten Sammlung – gedruckt bei J.G. Schübler – eine noch sehr archaische und konzise Sprache aufgegriffen und doch schon musikalisch weiterentwickelt.

Präludium und Fuge h-Moll BWV 544 zeigt Johann Sebastian Bach dann auf der Höhe seiner Meisterschaft. Das Präludium beginnt mit einer Tonleitbewegung, die sich gegen sperrige Akkorde auflehnt. Hineingewoben virtuose Spielelemente aus dem Hochbarock, um wieder einer völlig unbarocke und fast moderne Akkordflut zu weichen. Gedanken über das Ende von Welt und Geschichte? Die Fuge scheint die wilden Elemente des Präludiums hinter sich zu lassen, auch wieder spielerische Passagen einzustreuen. Dann aber Harmonisierungen des Themas, die erst viel später wieder in der Moderne musikalische Entsprechung finden.

Die Orgelsonate op 65,6 von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) ist dem Choral „Vater unser im Himmelreich“ gewidmet, Dichtung und Melodie von Martin Luther, dem Gebet Jesu folgend. Mendelssohn war sich der Bedeutung dieses Chorals sehr bewusst, so beginnt diese Sonate mit einer recht traditionell harmonisierten Version des 1. Verses. Dann aber gleich eine lebendige Triofassung als Choralbearbeitung, die sich in den weiteren Versen immer farbiger und eindringlicher gestaltet. Die stets musikalisch spannungsvollere Gestaltung kulminiert in einem sehr virtuosen Satz voller Akkordaufbrüche und Läufe. Die kompositorische Arbeit am Klavier, die er mit seiner Schwester Fanny Hensel entwickelt hat, und die dann etwa Friedrich Liszt aufgegriffen hat, spricht auch hier an der Orgel eine sehr aktuelle Sprache. Dennoch Meditationen, wenn auch sehr romantisch geprägt, denn es wird der Rahmen des Chorals umkreisend bestätigt und bekräftigt.

Schließlich ein Schritt von der Spätromantik zur Moderne in der Toccata und Fuge d-Moll – D-Dur op 59, Nr. 5 und 6 von Max Reger (1873-1916). Wie Bach und Mendelssohn ist auch Reger der Leipziger Musiktradition stark verbunden gewesen. Bezeichnenderweise ist er – wie Bach und Mendelssohn – in Leipzig verstorben. Seine Musik ist in diesem Werk ein Weg aus dem musikalischen Erbe Bachs über die Romantik in die Moderne hinein. Eine Komposition nicht mehr in langen Bögen, sondern in filmschnittartigen Sequenzen aufgebaut, von Momenten der absoluten Ruhe zu Akkordballungen in wenigen Augenblicken. Tief empfundene gesangliche Phrasen sind abrupt Klängen gegenübergestellt, die in die musikalische Moderne vorantreiben. Eine Fuge, die diese Kunst in bewusster Rückerinnerung meisterhaft wiederaufleben lässt, aber im symphonischen Aufbruch endet. Ein Weg, wie er gerade heute aufgetragen ist: von der Sehnsucht nach absoluter Harmonie hin zur Auseinandersetzung mit der drängenden Frage der Gegenwart. Für Max Reger war das der 1. Weltkrieg, und für uns?

Dr. Hermann M. Probst studierte Theologie und Kirchenmusik und lebt in Rimsting. Er war Hochschulpfarrer an der Technischen Universität und der Hochschule für Musik und Theater München. Bis vor kurzem leitete er die Evangelische Kantorei Prien.